ZAAVV | Souverän ist, wer den Notstand behauptet
Souverän ist, wer den Notstand behauptet
Die Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten während eines Notstands mag noch angehen. Wenn allerdings bereits die Behauptung eines Notstands genügt, kehren wir in voraufklärerische Zeiten zurück. Dorthin zieht es offenbar das deutsche Bundesverfassungsgericht.
Das Verfassungsgericht in Karlsruhe hat schwerwiegende Eingriffe in die persönliche Freiheit, wie die auf bestimmte Einrichtungen und Unternehmen des Gesundheitswesens und der Pflege bezogene Impfpflicht, für verfassungskonform erklärt. Das muss die gesamte aufgeklärte Welt interessieren, denn die Begründung liefert dem Aktivismus der zu ständigem Wachstum neigenden Verwaltung Nahrung: «Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Gesetzes ging eine deutliche fachwissenschaftliche Mehrheit davon aus, dass sich geimpfte Personen seltener mit SARS2 infizieren und daher das Virus seltener übertragen können.»
Den verantwortlichen Politikern wird damit nicht nur kollektiv Décharge erteilt, ihnen wird ein Weg aufgezeigt, wie sie sich auch künftig jeglicher Verantwortung entziehen können. Es genügt die Berufung auf eine «deutliche fachwissenschaftliche Mehrheit». Wie sich diese eruieren lässt, bleibt offen. Und selbst wenn sich später herausstellt, dass diese Mehrheit falsch lag, haben Politiker nichts zu befürchten, denn sie handelten ja in bester Absicht.
Es ist zu befürchten, dass «Corona» nur das Dispositiv lieferte für weitere – gut gemeinte – Massnahmen. Auch in der Klimapolitik wird regelmässig auf eine «fachwissenschaftliche Mehrheit» von 79 Prozent verwiesen, und es gibt Richter, die den «Klimanotstand» als Rechtfertigung für die Verletzung fremden Eigentums und fremder Rechte anerkennen. Immer häufiger kommt es auch zu Strassenblockaden, die von liebedienerischen Medien als «gewaltfrei» gepriesen werden, obwohl Nötigung eine Straftat ist, die mit Freiheitsstrafe strafbeschwert ist.
Schlaumeierei mit Notstand
Ein Notstand berechtigt die Verletzung von Rechtsgütern Dritter zum Schutz eines übergeordneten Rechtsguts. Schulbeispiel ist das Rammen eines fremden Autos, um einem auf die Strasse rennenden Kind auszuweichen.
Dieser Autofahrer geht sogar dann straffrei aus, wenn er nur glaubte, es habe eine Notstandssituation bestanden, wenn das Kind also noch rechtzeitig stoppte. Das nennt man Putativnotstand. (Die naturgemäss schwierige Beweissituation können wir an dieser Stelle ausser Acht lassen.)
Doch kann sich auch ein Staat, der die Beschneidung unserer Verfassungsrechte beabsichtigt, auf Putativnotstand berufen? Wenn wir das zulassen, haben Freiheitsrechte, die dem Staat Grenzen setzen, jegliche Bedeutung verloren. Ein Staat der Freiheit gibt, kann sie auch nehmen.
Mögen wir in der Schweiz das Stimmvolk noch so sehr als «der Souverän» verklären. Hier müssen wir feststellen, dass Carl Schmitt mit seinem berühmten Satz, dass am Ende nur derjenige souverän ist, der über den Ausnahmezustand entscheidet, absolut richtig lag.
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